Frage 4: Fördert die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie lokal und global eine nachhaltige Entwicklung?

Warum die Frage wichtig ist

Die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie (DNS) hat den Anspruch, nachhaltige Entwicklung nicht nur „in“ Deutschland zu fördern, sondern auch „mit“ und „durch“ Deutschland. Zielsetzungen, Indikatoren und Maßnahmen sollen also immer auch die globalen Aus- und Wechselwirkungen deutschen Handelns mit betrachten. So sieht es auch eine konsequente Ableitung der auf Universalität ausgerichteten Agenda 2030 vor.

Allerdings erscheint die ‚mit‘ und ‚durch‘ Deutschland Perspektive in der DNS bisher nicht hinreichend und meist eher beliebig als systematisch adressiert. Unterbelichtet bleibt derzeit in vielen Bereichen insbesondere die Frage, wie „durch“ Deutschland nachhaltiger Wandel unterstützt wird – also welche globalen Aus- und Wechselwirkungen durch die Ziele, Indikatoren und Maßnahmen der Strategie befördert werden. Diese Perspektive erscheint indes besonders wichtig, da Deutschland hier eine besonders verantwortungsvolle Rolle zukommt: etwa durch das hohe Maß an globalen Verflechtungen beim internationalen Handel von Gütern und Dienstleistungen.

Um das Universalitätsprinzip zu stärken, sind auch eingehende Analysen von Aus- und Wechselwirkungen notwendig. Auch die Wissenschaft kann hier also einen wertvollen Beitrag leisten, indem sie sich mit der Frage auseinandersetzt: Fördert die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie lokal und global eine nachhaltige Entwicklung?

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Beispiel 1 & Experten-Interview

Ein Beispiel für die unzureichende Betrachtung von globalen Aus- und Wechselwirkungen in der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie ist beim Themenkomplex Konsum, Produktion und Arbeit zu finden. Alle DNS-Indikatoren für das globale SDG 12 (Nachhaltige/r Konsum und Produktion) beziehen sich fast ausschließlich auf Produktion und Konsum innerhalb von Deutschland:

12.1.a Marktanteil von Produkten mit staatlichen Umweltzeichen
12.1.b Energieverbrauch und CO2-Emissionen des Konsums
12.2 Umweltmanagement EMAS
12.3 nachhaltige öffentliche Beschaffung

Internationale Aspekte – etwa schlechte Arbeitsbedingungen oder Umweltkosten in den Produktionsländern – werden kaum berücksichtigt.

Ein DNS-Ziel zum SDG 8 (Menschenwürdige Arbeit) visiert indes genau solche Verbesserungen von Arbeitsbedingungen in anderen Ländern an: 8.6 – Steigerung der Anzahl der Mitglieder im Textilbündnis.

Durch eine solch getrennte Betrachtung werden die Wechselwirkungen globaler Produktions- und Konsummuster mit dem Konsumverhalten in Deutschland kaum beleuchtet. Genau diese komplexen Wechselwirkungen müssen aber für eine wirksame Nachhaltigkeitspolitik mitbedacht werden.

Das folgende Experten-Interview  mit Joachim von Braun gibt einen Einblick in solche und andere Wechselwirkungen und beleuchtet die Rolle der Wissenschaft für die Begleitung nachhaltiger Politik.

Beispiel 2 & Experten-Interview

Ein weiteres Beispiel für die unzureichende Betrachtung von globalen Aus- und Wechselwirkungen in der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie: Sie beinhaltet zwar die Perspektiven, wie nachhaltige Entwicklung „in“ – und global „mit“ und „durch“ – Deutschland gestärkt werden soll. Allerdings beleuchtet sie kaum, welche globalen Faktoren “auf” Deutschlands nachhaltige Entwicklung wirken. Faktoren wie etwa Kriege und Konflikte, globaler Handel oder nationalistische und protektionistische Tendenzen weltweit, die eine multilaterale Weltordnung schwächen.

Diese Lücke lässt sich ebenfalls anhand einiger Ziele und Indikatoren darstellen: Indikator 7.2.a etwa misst den Anteil an erneuerbaren Energien im Brutto-Endenergieverbrauch – allerdings ohne Importe und Exporte von Strom vollends zu berücksichtigen. Hierdurch kann der Anteil erneuerbarer Energien am Brutto-Endenergieverbrauch je nach Außenhandelssaldo über- oder unterschätzt werden. Dadurch wird der Einfluss des globalen Energiemarktes auf Deutschland nur unzureichend erfasst, wodurch der tatsächliche bisherige Erfolg und die Zukunftsfähigkeit von Transformationsprozessen in Deutschland – wie etwa der Energiewende – nur schwer beurteilt werden kann.

Das folgende Experten-Interview mit Andreas Freytag beleuchtet den Einfluss äußerer Faktoren auf eine nachhaltige Entwicklung in Deutschland am Beispiel des weltweiten Handels.

Wie Sie kommentieren können

Die Interviews mit Joachim von Braun und Andreas Freytag zeigen beispielhaft mögliche Zugänge für eine wissenschaftliche Kommentierung der Konsultationsfrage 4: Fördert die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie lokal und global eine nachhaltige Entwicklung?

Zentrale Anknüpfungspunkte für die wissenschaftliche Kommentierung dieser Fragestellung:

  • Wie kann die DNS verhindern, dass andere Länder negativ von Deutschland betroffen werden und stattdessen an den Entwicklungen in Deutschland teilhaben können?
  • Wie kann die DNS Kooperationsformen fördern, die das multilaterale System für eine globale nachhaltige Entwicklung stärken und den Transformationsprozessen in Deutschland nutzen?

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die zu den genannten zentralen Anknüpfungspunkten zur Konsultationsfrage 4 arbeiten, sind eingeladen an der Online-Kommentierung teilzunehmen. Beiträge sollten sich auf 7.000 Zeichen beschränken, inklusive Verweise auf bestehende, derzeitig unternommene und zukünftige Forschungsvorhaben. Bei Bedarf können Sie für Ihren Kommentar auch eine eigene spezifische Fragestellung von der Leitfrage ableiten.

Sollten Sie darüber hinaus an einem vertiefenden Austausch zu diesen Fragestellungen mit der Wissenschaftsplattform Nachhaltigkeit 2030 interessiert sein, laden wir Sie ebenfalls herzlich ein, das in Ihrem Beitrag zu vermerken. Alle Kommentierungsbeiträge werden über die Wissenschaftsplattform Nachhaltigkeit 2030 sondiert und zu gebündelten Empfehlungen für den Weiterentwicklungsprozess der Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie aufbereitet.

 

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