Interview mit Marion A. Weissenberger-Eibl zur Konsultationsfrage 3

Innovationsforscherin und wpn2030-Lenkungskreismitglied Prof. Marion A. Weissenberger-Eibl, Fraunhofer ISI, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), spricht im Interview zur Konsultationsfrage 3: Welche konkreten Lösungen – sektoral und sektorübergreifend – sind jetzt gefordert? 

 

Frau Professorin Weissenberger-Eibl, warum erhöht die Corona-Krise die Chancen und Risiken für nachhaltige Entwicklung gleichermaßen?

Prof. Marion A. Weissenberger-Eibl: Die Corona-Krise illustriert ad hoc die Wahl: Wir haben die Chance, soziale, ökologischen und ökonomische Ziele gleichermaßen in die Entscheidungen über unser künftiges Handeln einfließen zu lassen. In dieser Hinsicht erweitert der Lockdown den Handlungsspielraum, uns für die Zukunft nachhaltig aufzustellen. Die Gefahr des Rückschritts zu alten, teils nicht-nachhaltigen Mustern ist indes größer, wenn wir nun beginnen, unsere Fortschritte und Ziele zugunsten einer einseitigen Betrachtung der Zieldimensionen aufzugeben. Insbesondere ist zu bedenken, dass die anderen großen Herausforderungen unserer Zeit wie die digitale Transformation, die globalen Migrationsströme, der Biodiversitätsverlust und der Klimawandel auch in Zeiten einer weltweiten Pandemie nach Lösungen fragen und daher bei der Bewältigung der Corona-Krise mitzudenken sind.

Welche konkreten Lösungen – sektoral und sektorübergreifend – sehen Sie derzeit als besonders vielversprechend, um Chancen zu nutzen und Risiken zu minimieren?

Weissenberger-Eibl: Eine wichtige Rolle werden dafür Innovationen spielen. Aus meiner Sicht geht es aber weniger darum, in bestimmten Innovationen eine Lösung zu suchen. Für Unternehmen beispielsweise geht es vielmehr darum, sich so aufzustellen, dass sie auch in unsicheren Zeiten bestehen können. So sind beispielsweise Digitalisierung, eine interdisziplinäre Ausrichtung, branchenübergreifende Netzwerke, unternehmerische Flexibilität sowie ein differenziertes Verständnis der eigenen und latenten Stakeholder wichtige Stellschrauben für ein krisenfestes, sprich resilientes Unternehmen. Aber auch die Politik ist gefragt, sich beispielsweise ressortübergreifend aufzustellen, um Lösungsansätze für hochkomplexe Themen zu finden und im Sinne der Nachhaltigkeit in die Innovationsfähigkeit von Wissenschaft und Wirtschaft zu investieren.

Welche Rolle spielen dafür Innovationen und Innovationsforschung?

Weissenberger-Eibl: In der Corona-Krise werden für Innovationen mitunter zu wenig Ressourcen allokiert. Für Unternehmen beispielsweise ist die kontinuierliche Investition in die eigene Innovationsfähigkeit von zentraler Bedeutung, doch können einige Unternehmen ihre Ideen oder Entwicklungen zurzeit nicht in gleichem Maße weiterverfolgen. Dennoch ist es nun dringend geboten, die Innovationen, die schon in der „Pipeline“ sind und einen hohen Reifegrad besitzen, endlich umzusetzen und nicht wieder wegzudiskutieren. Gerade in Krisenzeiten sollten wir uns mit der Zukunft befassen. Die Krise bietet uns eine Chance zum Systemwandel. Innovationsforschung, insbesondere auch Innovationsmanagement, kann helfen, Innovationen zielgerichtet und ressourcenschonend anzugehen. Dies bietet auch Möglichkeit, nicht-nachhaltige Ansätze zügig zu reduzieren. Auch für die Politik bietet beispielsweise die Strategische Vorausschau ein fundiertes Repertoire, um Weichen für eine nachhaltigkeitsfördernde Innovationspolitik zu stellen.

 

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